Aktionstag gegen Hasskriminalität

Zum Aktionstag gegen Hasskriminalität am 22. Juli 2021 hat die Kooperation #KeineMachtdemHass mit einem vielseitigen Programm ein Zeichen gegen Hass und Hetze gesetzt.

Neben einem breiten Angebot unserer Medienpartner Hit Radio FFH und dem Hessischen Rundfunk haben die Organisation „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ gemeinsam mit Volkswagen Kassel und der Verein #ichbinhier Workshops veranstaltet. Das Herzstück des Aktionstags war das neue Format „#KeineMachtdemHass im Talk“.

In Talkrunde 1 wurde mit Josephine Ballon (Leiterin der Rechtsabteilung HateAid), Juliane Chakrabarti (Vorstandsmitglied des Vereins #ichbinhier), Prof. Daniel Hornuff (Kunsthochschule Kassel) sowie mit Dr. Benjamin Krause (Oberstaatsanwalt bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität) und Justizministerin Eva Kühne-Hörmann über Gegenrede, Meldestellen und Opferberatung – welchen Möglichkeiten haben zivilgesellschaftliche Organisationen in einer Gesellschaft“? gesprochen.

Josephine Ballon (HateAid) hat hervorgehoben, dass die Organisation in der Kooperation an Überzeugungskraft gewonnen hat, dass Richtige zu tun. „Vor allem wenn es darum geht, Betroffene zu überzeugen das Recht durchzusetzen, was gemeinsam mit der Justiz, insbesondere mit den Internetstaatsanwälten der ZIT, möglich ist.“ Juliane Chakrabarti (#ichbinhier) hat berichtet, dass alleine fünf Prozent der Kommentatoren für 50 Prozent der Hasspostings verantwortlich sind, also eine kleine Gruppe. Der Verein macht darauf aufmerksam, dass keiner alleine ist und dass man gemeinsam viel erreichen kann. „Hassbilder sind kein neues Phänomen, aber ein zu wenig Beachtetes“ erklärte Prof. Daniel Hornuff (Universität Kassel). Der Wissenschaftler analysiert und erforscht die Wirkung von „Hassbildern“, die auch in den sozialen Medien zunehmen und damit auch für die Staatsanwälte der ZIT interessanter werden. Dr. Benjamin Krause (Staatsanwalt bei der ZIT) bestätigte dies im Talk und wies daraufhin, dass die Zahlen eine ganz eigene Sprache sprechen: „Seit dem Start der Kooperation #KeineMachtdemHass sind über 6000 Meldungen strafrechtlich überprüft, davon wurde in über 1650 Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und über 500 Tatverdächtige bundesweit identifiziert.“

Justizministerin Eva Kühne-Hörmann betonte, dass sich Hass und Hetze im Netz deutlich breiter und schneller verteilen, weil es „Liken“ und „Teilen“ in der analogen Welt nicht gäbe. „Daher brauchen wir ein Bewusstsein, um Straftatbestände anzupassen. Die Ermittler haben häufig keine Möglichkeit an die Identität die Täter zu kommen, was ein Problem ist. Wir brauchen daher andere Werkzeuge für die Ermittler, um die Täter zu identifizieren. Hierzu können verschiedene Wege führen, beispielsweise eine
Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken, die Pflicht zur Speicherung des „Last Logins“ und das Marktortprinzip, also die Pflicht der sozialen Medien, sich an das inländische Recht zu halten und nicht auf ihr Heimatrecht zu verweisen.“

Die zweite Talkrunde diskutierte mit Marco Maier (Geschäftsführer Hit Radio/ Tele FFH), Manfred Krupp (Intendant Hessischer Rundfunk), Joachim Becker (Direktor der Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien), Michael Sasse (Sprecher der Initiative Offen für Vielfalt) sowie mit Dr. Benjamin Krause (Oberstaatsanwalt bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität) und Justizministerin Eva Kühne-Hörmann über „Fake News, Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung – welche Verantwortung haben Medien in einer Gesellschaft?“.

Justizministerin Eva Kühne-Hörmann unterstrich die Bedeutung der Pressefreiheit für die Gesellschaft und wies auf ihre Forderung hin: „Die Pressefreiheit ist ein zentrales Gut in einer pluralistischen Gesellschaft! Freie Berichterstattung ermöglicht erst die Meinungsfreiheit. Zuletzt hat die Pandemie gezeigt, dass die Pressefreiheit zunehmend in Gefahr ist. Die Pressefeindlichkeit einer breiten Allianz aus Verschwörungsgläubigen, Reichsbürgern, Neonazis und Esoterikern stellt eine große Gefahr für die Medienschaffenden dar. Ich kämpfe dafür, dass die Pressefreiheit ausdrücklich im Strafgesetzbuch geschützt wird. Die Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister hatte zuletzt eine hessische Initiative mit diesem Inhalt beschlossen. Ich fordere die Bundesregierung auf, das Anliegen der Länder anzunehmen und im Gesetz umzusetzen.“

Marco Maier (FFH) betonte in der Talkrunde: „Reporter und Moderatoren Opfer von Hass sind – sowohl analog als auch online. Es gilt, die Mitarbeiter zu schützen, sich aber auch nicht einschüchtern zu lassen. Dazu gehört auch, Fake News Vorwürfe zu entkräften, präsent zu sein und mit guter qualitativer Berichterstattung dagegen zu wirken.“ Dass Medien für das Wertesystem „Meinungsfreiheit“ einstehen und dieses verteidigen müssen, betonte Manfred Krupp (Hessischer Rundfunk). Es gibt eine Stufe: „Ein Korn wird gesät von Hass – anonym im Netz und es endet nachher mit Gewalt oder sogar wie bei Dr. Walter Lübcke mit Mord. Diese Kette müssen wir durchbrechen“, so der Intendant des Hessischen Rundfunks. Michael Sasse (Offen für Vielfalt) hat mit der Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ mit einigen nordhessischen Unternehmen eine Musterbetriebsvereinbarung abgeschlossen, die eine Art Kodex im Umgang miteinander festlegt. Sasse erklärte im Talk: „Den Raum und die Freiheit, die wir haben, gilt es zu verteidigen, sonst werden diese immer kleiner. Wenn Hass und Hetze verbreitet werden, muss schnell gehandelt und Grenzen gezogen werden, um unsere Freiheit zu verteidigen.“

Die Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien vermittelt Kindern und Jugendlichen in unterschiedlichen Projekten an Schulen Medienkompetenzen – vor allem im richtigen inhaltlichen Umgang mit den Medien. Joachim Becker (Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien) sagte: „Wir müssen Meinungsfreiheit sichern, um Meinungsvielfalt zu gewährleisten – eine wichtige Stütze ist hierbei unser präventiver Ansatz.“

„Aktuell schützen die rechtlichen Rahmenbedingungen mehr die Täter, als die Opfer – das muss man ändern. In der digitalen Welt, werden Betroffene noch nicht so weit geschützt wie in der analogen Welt. Deshalb fordere ich eine digitale Agenda, die das was wir analog haben – auch im Netz abbildet. Das ist unser Auftrag und ist Kern unserer Demokratie“, so die Justizministerin abschließend.

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